Giovanola Klemme, der Dinosaurier

Die Fundamente für die heute so bekannte Giovanola Klemme stellte nicht etwa Schweizer Konstrukteure auf, nein, es war ein französisches Unternehmen. Die Firma des Brevets Français d’Equipement Touristique entwickelte 1948 eine VR101 ähnliche Kuppelklemme für Einseilumlfaubahnen. In der Französischen Ortschaft Thollon sollte daraufhin eine solche Seilbahn gebaut werden. British Ropeway Engineering Company, kurz Breco und Giovanola aus Monthey bekamen schliesslich den Auftrag diese Seilbahn mit der französischen Klemme zu bauen. Giovanola hatte den Auftrag, die Klemmen herzustellen. Breco konzentrierte sich auf die Streckenbauwerke und Stützen. Der Bau begann im Jahr 1949. Ein Jahr später erhielt Giovanola einen Auftrag im Schweizer Verbier ebenfalls eine kuppelbare Einseilumalfubahn zu erstellen. Fast gleichzeitig wurden aber schwerwiegende Mängel im Bereich Sicherheit in Thollon bei der bisherigen französischen Klemme festgestellt. Die Schweizer Behörden liessen darum den Bau mit der selben Klemme in der Schweiz nicht zu. Giovanola war also gezwungen, innert kürzester Zeit die Klemme umzubauen. Geringe vier Wochen dauerten die Arbeiten bei Giovanola, ehe die heutige Klemme geboren war. Fortan setzte man bei jeder kuppelbaren Anlage Giovanolas solche Klemmen ein. Auch jene Bahn in Thollon wurde sofort umgebaut. Die britische Firma Breco profitierte von der neuen Klemme und erhielten eine Lizenz für den Einbau dieser «neuen» Klemme.

Die Giovanola Klemme basiert auf einem ganz einfachen und unterhaltsarmen Schwerkraftprinzip. Grob gesagt bilden drei Teile die ganze Mechanik in der Klemme. Ein starres Gussstück, welches das Gehäuse darstellt, ein in der Z-Achse bewegliches Gussstück und ein Mitnehmer, welcher mit dem Druckbolzen der inneren beweglichen Klemmbacke verbunden ist. Das in der Z-Achse bewegliche Gussstück ist direkt mit dem Gehängearm und dem Fahrbetriebmittel verbunden. Es ist im Gehäuse durch vier Nadellager gelagert und hat die Aufgabe durch einen gefrästen Schlitz den Mitnehmer, sprich den Druckbolzen zu betätigen. Die Kuppelrolle ist ebenfalls fix mit dem beweglichen Gussstück befestigt.

Beim Anheben der Kuppelrolle wird der Druckbolzen betätigt und entlastet die innere Klemmbacke. Mithilfe von zwei kleinen Schraubenfedern, verschiebt sich die innere Klemmbacke und kuppelt sich vom Förderseil ab. Umgekehrt fällt die Kuppelrolle samt Fahrbetriebsmittelgewicht nach unten, so kuppelt sich die Klemme an, womit die Klemmkraft rein durch das Gewicht erzeugt wird. Je mehr Leute in der Kabine sitzen, desto grösser ist die Klemmkraft. Weil in der Theorie ein Windstoss von unten gegen den Kabinenboden die Klemme aus dem Förderseil aushebeln könnte, baute Giovanola eine Sicherung in Form eines kleinen Hebels ein. Dieser Hebel muss während den Kuppelphasen durch eine Schiene angehoben und damit betätigt werden.

Viele Hersteller hatten die Lizenz die Giovanola Klemme zu verbauen. Die bekanntesten darunter sind die Firmen Habegger, Städeli, PHB, Ceretti & Tanfani und der Nordamerikanische Vertreter Hall. Bis Mitte der 80er Jahre war die Klemme in den Katalogen der Hersteller, daher mein persönlicher Überbegriff „der Dinosaurier unter den Klemmen“. Demnach war sie für rund vier Jahrzehnte das Mass aller Dinge und daher Bestandteil der Geschichte von kuppelbaren Umlaufbahnen, was ein eindeutiger Rekord darstellt. Insgesamt gab es drei verschiedene Typen von Giovanola Klemmen. Typ eins eine Einfachklemme für 2er Kabinen. Als 4er Kabinen auf den Markt gebracht wurden war es Gesetzlich notwendig, zwei Klemmen zu verwenden und so wurde der Typ eins einfach verdoppelt, Typ zwei war geboren. Typ drei war in seiner Masse noch Grösser und entstand in den 80er für 6er Kabinen.

In der Schweiz müssen alle Anlagen welche mit Giovanola Klemmen ausgerüstet sind bis 2025 ersetzt oder stillgelegt werden. Heute am 26. Februar 2020 verkehren noch deren fünf Exemplare, siehe Fotos.

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